Luft- / Grenzraumverletzung No 1398 & 1399 - Mosquito

© by Patrick Schlenker 2024

Rund vier Stunden vor dem Angriff der 617 Bomber Squadron auf das Stauwehr bei Kembs am 7. Oktober 1944 kam es um 12:50 Uhr über Le Pont - Weissenstein - Wädenswil - Rheineck zu einer Luft- / Grenzraumverletzung durch zwei Mosquitobomber der Royal Air Force. Es sollte nicht die einzige Luftraumverletzung sein. Insgesamt wurden am 7. Oktober 1944 12 Luftraumverletzungen dokumentiert, davon wurden vier den USA, drei den britischen und 1 den Achsenmächten zugeordnet. Die restlichen vier konnten nicht identifiziert werden.

Der Posten des Fliegerbeobachtungs- und Meldedienstes identifizierte die beiden Flugzeuge fälschlicherweise als Boeing B-17. Später ging man davon aus, dass die beiden Mosquitos Zusatztanks unter ihren Tragflächen für den Langstreckeneinsatz montiert hatten, weshalb der Beobachtungsposten davon ausging, dass die beiden Flugzeuge viermotorig waren. Auch die aufgestiegenen Abfangjäger aus Dübendorf mit Morane-Saulnier MS.406 der Schweizer Luftwaffe identifizierten die beiden Mosquitos als B17 (Flying Fortress) der US Air Force. In Wirklichkeit trugen die beiden britischen Flugzeuge Bomben unter ihren Flügeln. Die Mosquito FB VI verfügte für ihren Einsatz als Jagdbomber über verstärkte Flügelkonstruktionen.

Mosquito

Die de Havilland Mosquito war ein britischer leichter Bomber, der während und nach dem Zweiten Weltkrieg in vielfältigen Funktionen eingesetzt wurde. Ausgerüstet mit Mosquitos erfüllten die Squdrons Aufgaben als mittlere Bomber, für Aufklärungsmissionen, taktische Angriffe, U-Boot-Abwehr, Schiffsangriffe sowie Nachtjagdeinsätze. Dies sowohl defensiv als auch offensiv. Die Mosquitos waren oft Teil der RAF Pathfinder Force, die Ziele für nächtliche strategische Bombenangriffe markierte. Obwohl sie anfangs hohe Verluste aufgrund von Angriffen bei Tageslicht in geringer Höhe erlitten, beendete die Mosquito den Krieg mit den geringsten Verlusten aller Flugzeugtypen, die im Dienst des RAF Bomber Command standen.

 

Nach dem Einsatz wurde von der Staffel der Schweizer Luftwaffe folgendes rapportiert:

"Immer noch Vollgas fliegend, erreichten Jaguar und Jaguarson die beiden noch immer als Boeing angenommenen fremden Flugzeuge, in einem geringen Abstand von ca. 700 m."

"Bis zu den engen Kurven über Wattwil haben sämtliche Patrouillenmitglieder die Flugzeuge als Boeing angesprochen, wozu die beiden großen Zusatztanks verleiteten, die sich in der Größe von Motoren nicht unterschieden. Die Täuschung der Motorenzahl und Fluggeschwindigkeit ist so frappant, wie die beiden Typen Boeing und Mosquito unmittelbar vor dem Start von den Besatzungen eingehend besichtigt wurden. So führte die Täuschung außerdem die bisherige Voreingenommenheit, dass Mosquitos von unseren Maschinen nicht eingeholt werden könnten."

Die beiden Mosquitos ließen sich durch das Erscheinen der Schweizer Luftwaffen-Staffel nicht aus der Ruhe bringen. Trotz Aufforderung zur Landung machten beide keine Anstalten, dieser nachzukommen. Dazu wurde ebenfalls rapportiert:

"Während sie um die Längsachse und seitlich von uns Raketen (Leuchtraketen, Anmerkung des Autors) abfeuerten, reagierten die beiden Maschinen nicht."

Daraufhin wurde eines der beiden fremden Flugzeuge in der Gegend des Rickenpasses von einem Schweizer Jäger aus einer Entfernung von etwa 600 m mit den Bordwaffen angegriffen. Die Aktion verlief wie folgt:

"Noch bevor das zweite Flugzeug zum Schuss kam, verschob sich die Aktion über Wattwil, wo die beiden fremden Maschinen plötzlich und steil in enge Kurven gingen, während sie rote Raketen abfeuerten ... Bei erneuter enger Kurve schwenkten die beiden Flugzeuge plötzlich wieder auf Ostkurs und gingen in den Tiefflug über. Um unserem Beschuss zu entkommen, folgte die fremde Patrouille offenbar gezielt den Geländeerhebungen in Richtung St. Gallen. Zudem waren die Maschinen äußerst agil und es war sehr schwierig, sie ins Visier zu nehmen, besonders da sie geschickt um Hindernisse kurvten. An der östlichen Seite von St. Gallen wechselte die fremde Patrouille in Richtung Speicher, wodurch die Verfolger in eine günstige Position mit Entfernungen von 300 bis 500 m gebracht wurden. Doch auch hier wurden wir im Angriff behindert, weil der Flugweg stark gekrümmt war."

"In tiefem Tiefflug zogen die beiden fremden Flugzeuge über die Lücke von Oberegg und bewegten sich dann zu den Verfolgern im Abstand gegen den Rhein oberhalb Heerbrugg, um diesen wieder auf 600 bis 700 m zu vergrößern."

Die schweizerische Abwehrstaffel gibt als Erklärung für ihr Verhalten während der Begegnung im Luftraum über Wattwil an, dass sie von den Absichten der fremden Flugzeuge getäuscht wurden. Zusätzlich war es ihr Ziel, die überflogenen Ortschaften nicht durch die Austragung eines Luftkampfes zu gefährden.


Um 16:16 Uhr kam es über Altstätten - Wädenswil - Huttwil - Le Locle zu einem weiteren Zwischenfall mit einer Schweizer Abwehrstaffel und britischen Mosquitobombern.

Die beiden Mosquitos, die nur etwa 400 Meter über dem Boden flogen, wurden von der Abwehrstaffel der Schweizer Luftwaffe in der Gegend von Etzel entdeckt.

Die beiden Mosquitos stiegen bis auf eine Höhe von etwa 1500 Metern über Sursee, wobei sich der Abstand zu der Schweizer Staffel auf etwa 1000 Meter verringerte. Trotz eines Manövers, das sie bis auf etwa 500 Meter herankommen ließ, wurden sie offensichtlich von den beiden Mosquitobesatzungen entdeckt.

Die Abwehrstaffel eröffnete das Feuer auf eine Entfernung von etwa 600 Metern, woraufhin die fremden Maschinen versuchten, sich durch ständiges Eintauchen in die Wolkendecke zu entziehen. Während dieses Manövers wurden sie durch gezieltes Feuer der 20mm Flab (120 Schuss), sowie eines Flugzeugs der schweizerischen Abwehrstaffel beschossen. Der Pilot gab später zu Rapport:

"Die eine Mosquito zog dann auch nach etwa 10 Sekunden 300 Meter vor mir hoch. Ich eröffnete sofort das Feuer, und die Mosquito tauchte sofort wieder ein, ohne im Wesentlichen ihren Kurs zu ändern. Dabei tauchte die Mosquito ein und aus. Die Distanz vergrößerte sich zunehmend auf 600 bis 800 Meter. Wir befanden uns am Ende der Stratusdecke in der Gegend des Chasseral, wo die Mosquitos scharf im Schatten der Jurahänge verschwanden."


Beide Ereignisse deuten darauf hin, dass die Besatzungen der fremden Flugzeuge die Absichten der schweizerischen Abwehrstaffel offensichtlich erkannt haben, sich jedoch der Aufforderung zur Landung widersetzten. Im Bericht des Armeestabes wurde darauf hingewiesen, dass sich die schweizerischen Abwehrstaffeln strikt an die geltenden Befehle hielten und ihr Verhalten keine Beanstandungen verursachte. Die Besatzungen der Abwehrstaffeln erklärten ihr Zögern beim Abschuss der Mosquitos damit, dass sie über die Absichten der fremden Flugzeuge getäuscht wurden und die Gefährdung der überflogenen Ortschaften durch einen Luftkampf in geringer Höhe über Ortschaften vermeiden wollten. Es wurde bemerkt: "Leider führte dieses Zögern letztendlich zum Misserfolg."

Anmerkung:

Zum aktuellen Zeitpunkt ist es dem Autor noch nicht gelungen, die beiden Mosquitos anhand der Aufzeichnungen in den Record Books der mehr als 100 Squadron der RAF, RAAF, RCAF, RNZAF sowie weiterer Staffeln von Tschechen, Norwegern, Franzosen und anderen zu identifizieren. Anhand der geflogenen Route könnte es sich sogar bei beiden Fällen um dieselben beiden Mosquitos handeln, da diese beim Rückflug ziemlich parallel zum Hinflug geflogen sind, nur etwas nördlicher.