Bombenabwürfe in den Kantonen St. Gallen - Luzern - Aargau - BL 7. / 8. November 1941
© by Patrick Schlenker 2024
55 Bomber vom Typ Armstron Wellington sollten Industrieanlagen in Mannheim ein weiteres mal angreifen. Die Bomber der Squadrons 103, 142, 150, 300, 301 und 304, allesamt mit Wellingtons ausgerüstet, waren an diesem Angriff beteiligt. Mannheim war nur eines von viele Zielen, die in dieser Nacht vom Bomber Command angegriffen wurden. Mit eingesetzten 387 Bombern war es bis dahin der grösste kombinierte Luftangriff auf unterschiedliche Ziele gegen Deutschland.
St. Gallen - Jonschwil
Am 7. November 1941 gegen 21:15 Uhr wurde in der Region Jonschwil ein Flugzeuggeräusch vernommen, das etwa fünf Minuten lang über dem Gebiet kreiste. Die Wetterlage war verhangen, bei recht starkem Wind und vorangegangenem Regen; die Gegend war nicht verdunkelt. Kurz darauf, gegen 21:25 Uhr, bemerkten Einwohner von Jonschwil einen Feuerschein in südlicher Richtung. Die örtliche Wehr und Feuerwehr leiteten sofort eine Suchaktion ein und entdeckten den Brandherd etwa 500 Meter nördlich von Jonschwil. An der Fundstelle brannte eine Bombe bereits vollständig ab.
Am folgenden Tag wurden südlich von Jonschwil weitere 15 Einschlagstellen gefunden, von denen vier bis fünf Bomben bereits abgebrannt waren. Zwei Bomben lagen im Wald zerschmettert, aber nicht abgebrannt, die anderen verteilten sich auf Wiesenflächen. Da sich bereits zahlreiche Jugendliche in der Umgebung aufhielten, wurde das Gebiet von der Truppe abgesperrt und weitere Einschlagstellen gesucht. Ein Teil der Blechteile war bereits durch die Ortswehr auf einem Fahrradanhänger entfernt und bei einer Schuttablagerung deponiert worden.
Die Armee ging davon aus, dass insgesamt 18 Bomben abgeworfen wurden (2 x 9). Die beiden fehlenden Bomben wurden daraufhin ebenfalls im Wald gefunden. Es handelte sich bei allen Bomben um englische Brandbomben vom Typ BOMB INC. 50 IB mit einem Gewicht von etwa 50 Pfund. Sie bestanden aus einem Blechkanister, gefüllt mit einer gelblichen, ölig-schmierigen Flüssigkeit, die beim Aufprall auf den Boden Lecks bildete, umgeben von größeren und kleineren Spritzern. Erste Untersuchungen deuteten darauf hin, dass die Füllung aus weißem Phosphor bestand, gelöst in einer Mischung aus Latex (Rohgummi) und Schwefelkohlenstoff, vermutlich, um eine klebende Eigenschaft zu erzielen und die Löschung durch Wasser zu erschweren. Aufgrund der feuchten Witterung und einer Schneeschicht von etwa 10 cm kam es bei den meisten Bomben nicht zu einer Brandentwicklung. Am Nachmittag des 8. November 1941 brannte jedoch eine der Bomben im Wald von selbst ab, ohne weiteren Schaden zu verursachen.
Die Bomben trugen die Aufschrift "BOMB INC. 50 IB" sowie das Laborierdatum "23-8-41" und die englische Warnung "HANDLE WITH CARE 8/41".
Die 18 Bomben-Einschlagstellen waren auf einer Fläche von ca. 400 m Länge und 300 m Breite verteilt und verursachten leichten Schaden an Gehölzen sowie Flurschaden.
Folgende Massanhmen wurden eingeleitet:
1. Das betroffene Gelände wird vorläufig überwacht, insbesondere die Einschlagstellen im Wald.
2. Nicht abgebrannte Phosphorlachen sollen durch Anstochern mit einer Holzstange oder bei Bedarf unter Zuhilfenahme einer Lötlampe entzündet werden, um restliche Spritzer zu vernichten.
3. Blechteile werden an der Schuttablagerung tief vergraben; die Bewachung des Geländes wird erst danach aufgehoben.
4. Unbefugten wird der Zutritt zum betroffenen Gebiet für mindestens einen Monat untersagt, und das Gras in der betroffenen Region darf vorläufig nicht verwendet werden.
Luzern - Schwarzenbach
Zusätzlich wurde berichtet, dass bei Schwarzenbach eine weitere Bombe gefunden wurde. Diese Bombe lag etwa 10 Meter südlich des Schlosses Schwarzenbach und war teilweise im Boden eingedrungen. Es handelte sich um eine englische Fallschirm-Leuchtbombe, Typ 23 LB. Der Zündkopf der Bombe wurde ausgegraben, und das beschädigte Objekt mit den Aufschriften „..LoW” und „23 LB” sowie „B & S 1940” wurde nach Bern zur weiteren Untersuchung mitgenommen.
Diese Bombe verursachte nur geringfügigen Flurschaden.
Aargau - Asp
Am 7. November 1941 um 21:45 Uhr wurde westlich von Asp eine Bombe abgeworfen, die auf freiem Feld einen Sprengtrichter von etwa 6,2 Metern Durchmesser und 1,7 Metern Tiefe hinterließ. Nach der Inspektion vor Ort wurde festgestellt, dass es sich um eine Brisanzbombe handelte, die nur Flurschäden verursachte. Die Analyse der vorgefundenen Splitter, insbesondere eines Aufhängestegs, deutet darauf hin, dass es sich um eine englische Brisanzbombe von 250 Pfund handelte.
Liestal - Lausen
Über Gebiet des Grammont warf am 7.11 um 21:56 Uhr ein andere britischer Bomber, der wie schon die beiden Withleys im Dezember des vorigen Jahres auf der suche nach Mannheim war, um 21:55 Uhr zwei Bomben ab. Die beiden Sprengbomben landen auf unbewohntem Gebiet zwischen Liestal und Lausen. Am Westhang des Grammont, beim Bruder Klausenweg, schlug die erste Brisanzbombe ein und explodierte. Die zweite Bombe wurde etwas später unweit des ersten Einschlages entdeckt. Diese war mit einem Zeitzünder versehen und explodierte erst am folgenden Tag.
Vor Ort wurden folgende Schäden festgestellt:
- Ein Sprengtrichter von 4 bis 5 Metern Durchmesser und ca. 1,1 Metern Tiefe im Wald, etwa 1,2 Kilometer nördlich der Kirche von Lausen.
- Ein Blindgänger wurde etwa 50 Meter westlich des Trichters gefunden, tief im Boden eingedrungen und hinterließ ein etwa 45 cm breites Loch.
Die Untersuchung ergab, dass die gesprungene Bombe leichten Schaden an Holz und Wald verursachte. Aufgrund des Trichterdurchmessers wird von einer Bombe in der Größenordnung von 250 Pfund ausgegangen. Da zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung nur wenige Splitter vorgefunden wurden, konnte die Herkunft der Bombe vorerst nicht abschließend bestimmt werden.
Der anwesende Offizier des Territorialkommandos 4 wurde angewiesen, die Abwurfstelle abzusperren, da beim Blindgänger eine Zeitverzögerungszündung vermutet wurde. Er erhielt zudem den Auftrag, nach weiteren Bombensplittern zu suchen und diese an die K.T.A. nach Bern zu senden.
Am 8. November 1941 um 19:35 Uhr detonierte der Blindgänger,.
Weitere Untersuchung zur Herkunft der Bomben:
Die erneute Untersuchung vor Ort ergab Folgendes:
- Der Haupttrichter wies einen Durchmesser von etwa 5,3 Metern auf und war stark mit Erde aufgefüllt, was auf eine tiefe Detonation hinweist. Ein Angehöriger der Absperrmannschaft berichtete, dass die Bombe vor der Detonation 5 bis 10 Sekunden lang ein Zischen verursachte, das auf eine Distanz von 50 Metern hörbar war. Die Explosion war aufgrund der tiefen Lage nicht besonders stark.
- Der Kommandant des Luftschutzes Liestal, Herr Hauptmann Schuppli, wurde angewiesen, weitere Splitter aus dem Trichter und der Umgebung zu sammeln und an die K.T.A. zu senden.
Identifizierung der Bomben:
Ein vom Luftschutz erhaltenes Trümmerstück aus dem Trichter, der am 7. November 1941 bei Lausen entstanden war, identifizierte sich als Teil eines Aufhängestegs, der üblicherweise an englischen Bomben angebracht ist. Diese Erkenntnis legte mit großer Wahrscheinlichkeit nahe, dass es sich um eine englische Bombe handelte.
Am 13. November 1941 erhielt die Zustädnige Kommission weitere Splitter aus dem Trichter der verspätet gesprungenen Bombe sowie zusätzliche Splitter der bei der Detonation gesprungenen Bombe. Die Untersuchung bestätigte, dass die verspätet explodierte Bombe eine englische 250-Pfund-Bombe war.
In verschiedenen Orten in der Nordwestschweiz wurde um 21:00 Fliegeralarm ausgelöst. Die Maschine kam nach Zeugenaussagen aus nördlicher Richtung.