28. April 1944 01:41 / Hämikon - Hitzkirch
© by Patrick Schlenker 2012
Lancaster Mk.I, ME.720, code AS°X, 166 Squadron
Pilot: W/O Robert Ridley †
Flight Engineer: Sgt John Eaton †
Wireless Oprtr: Sgt Leslie Cotton †
Mid-upper Gunner: Sgt Ross Clark †
Rear Gunner: Sgt Allan Weir †
Navigator: F/O Albert Piggott ∏
Bomb Aimer: F/O Roy Phillips ∏
Die Crew um Pilot W/O Robert Ridley in der Mitte. Hier noch zu fünft, als sie noch mit Wellingtons Training-Einsätze flogen.
v.l.n.r. Sgt Allan Weir , F/O Albert Piggott , W/O Robert Ridley, F/O Roy Phillips, Sgt John Eaton
Foto © Michael Clark
W/O Robert Ridley aus Port Credit, Ontario, Kanada meldete sich am 6. November 1941 zur RCAF. Fünzehn Monate später bestand er das Fliegerbrevet. Am 17. März 1943 in England angekommen, verbrachte W/O Robert Ridley weitere 11 Monate mit operationalem Training, bevor er und seine Crew am 10. Februar 1944 zur 166 Squadron des Bomber Commands eingeteilt wurden. In der nacht vom 24. auf den 25. Februar erlebte die Junge Crew ihre Feuertaufe über Schweinfurt. Weiter Einsätze folgten über Berlin, Stuttgart, Frankfurt, Essen, Aachen und Nürnberg in der Nacht 31/31. März 1944. Am 24. April kehrte die Crew zum letzten mal von einem Einsatz über Europa zurück. Drei Tage später, nach nur 11 Wochen effektiver Kriegseinsatz und 27 Monate Ausbildung, starb W/O Robert Ridley. Dies zeigt die grosse Verschwendung an Menschen und Ressourcen im Luftkrieg über Europa.
Hinten Links: Sgt. Ross Clark - Rechts: Sgt. Leslie Cotton
Mitte Links: P/O. Robert - Rechts: Ridley, Sgt. John Eaton
Vorne Links: F/O. Albert Piggott - Mitte - F/O. Roy Phillips - Rechts: Sgt. Allan Weir
Foto © Michael Clark
Am späteren Donnerstag-Abend des 27. April 1944 starteten um 21:35 von Kirmington, Lincolnshire die Lancaster der 166 Squadron zum Angriff auf Friedrichshafen am Bodensee. In dieser Nacht brachte das britische Bomber Command 322 Lancaster-Bomber und eine Mosquito der Bomber-Gruppen 1, 3, 6 und 8 als Angriffsformation zusammen. Obschon eine Wolkenlose Nacht bevorstand und der Mond hell des Nachthimmel erleuchten sollte, hatte das Kriegsministerium das Bomber Command angehalten, die relativ kleine Stadt im Süden von Deutschland anzugreifen. Vier Wochen zuvor hatte die RAF bei ähnlichem Wetterbedingungen bei einem Angriff auf Nürnberg schwere Verluste erlitten. Da das Ziel jedoch an der äussersten Grenze des Einsatzgebietes der deutschen Nachtjäger lag, erhoffte man sich einen problemlosen Einsatz.
Originale Auszug aus dem Operations Record Book der 166 Squadron vom 11. März 1944 beim Angriff auf Nürnberg. In der obersten Linie kann man die Lancaster von W/O Robert Ridley erkennen.
Ohne grössere Schwierigkeiten gelangte der Bomberverband über das Zielgebiet. Nur vereinzelnd gaben deutsche Nachtjäger Feuerstösse auf die anfliegenden britischen Bomber ab. Die vorausfliegenden Pathfinder der 101 und 35 Squdron hatten das Ziel mit roten und grünen Markierungen markiert. Navigator: F/O Albert Piggott konnte die farbigen Zielmarkierungen trotz fünf grosser Rauchsäulen über der Stadt, welche durch das Bombardement entstandenen waren, gut erkennen. In einer Höhe von 3660 Meter löste Piggott die Bombenlast von einer 1000 Pfunf /454kg, Bombe und 1074 Brandbomben aus. Zwei Phosphorcontainer blieben jedoch hängen und wurden nach dem Absturz in der Nähe eines blühenden Apfelbaumes gefunden.
Die angreifenden Lancaster waren ind dieser Nacht 170 Luftminen und 580 Sprengbomben mit einem Gesamtgewicht von 1234 Tonnen über der Stadt ab. Weitere 185'000 Brandbomben lösten einen Grossbrand aus, welcher 67% der bebauten Fläche der Stadt Friedrichshafen zerstörte, was 656 zerstörte und 421 schwer beschädigte Häuser entsprach. Das Bombardement zerstörte zudem die Panzer-Getriebe Fabrik vollständig, sowie weite Teile der ZF Friedrichshafen AG, die Motoren- und Turbinen Union Friedrichshafen GmbH, die Zeppelin GmbH und die Fabriken der Dornier-Gruppe. In der Nacht verloren in der Stadt Friedrichshafen 136 Menschen ihr Leben und 375 wurden verletzt.
Beschuss auf dem Rückflug
Auf dem Rückweg nach England, ca. 20 Kilometer westlich von Friedrichshafen wurde die Lancaster mit dem code AS°X gemäss den Recherchen von Roger Antoine, von Oblt. Josef Kraft vom 4. Nachtjäger Geschwader 5 in eine Höhe von rund 5000 Meter unter Feuer genommenworden war. trotz sofort eingeleitetem Korkenziehermanöver wurde die Lancaster getroffen, wobei ein Motor so stark beschädigt wurde, dass er ausviel. Als Folge des Beschusses viel ein Motor aus und W/O Robert Ridley, der Kommandant des Lancasters entschied sich in die rettende Schweiz zu fliegen und in Dübendorf notzulanden.
Im offiziellen Communiqué des Schweizer Armee heisst es jedoch, dass die Maschine ohne Schäden in die Schweiz einflog und durch eine Flakabteilung 13 mit 7,5cm Geschützen der Schweizer Armee in Brand geschossen wurde.
Navigator F/O Albert Piggott gab nach dem Absturz zu Protokoll, dass ihre Lancaster zuerst von Scheinwerfer erfasst und kurz darauf auch von der Schweizer Flababteilungen beschossen worden sei. Sie hätten zwar noch versucht mit abgeschossenen Leuchtkugeln einen geeigneten Landeplatz zu finden, was aber in der kurzen Zeit nicht mehr möglich war. Kurz danach stürzte die Maschine ab.
Augenzeugen berichteten, dass man aus Richtung Luzern das Feuern der Flabkanonen hören und rote Leuchtzeichen sehen konnte. Die schweizer Flababteilung war ca. 8 Kilometer südöstlich von Baden bei Oberrohrdorf AG stationoiert. Kurze Zeit vernahm man das Dröhnen von mehreren Motoren, bevor die Nacht durch einen gewaltige Explosion zerrissen wurde. Otto Hochstrasse, welcher in Hitzkirch als Bauer lebte und gerade von einer Käsereiversammlung auf dem nach Hause Weg war, hörte ebenfalls das Donnern aus nördlicher Richtung und schenkte dem ganzen kaum Beachtung. Plötzlich konnte er über seinem Kopf Maschinengewehr und Kanonendonner vernehmen, gefolgt von einer Explosion. Trümmer der Lancaster flogen über seinen Kopf und entzündeten seine Scheune. Das grosse Teil, welches über ihn hinweg geflogen war, war einer Flügel, mitsamt eines Motors. Seine Familie blieb unverletzt.
Trümmer der Lancaster Mk.I, ME.720, code AS°X oberhalb der Ortschaft Hämikon
Foto © Michael Clark
Innert kürzester Zeit entstand um den Rumpf, welcher etwas oberhalb des Dorfes abgestürzt war, durch den ausgeflossenen Treibstoff ein Flächenbrand, der brennend als Bach den Hang hinunter floss. Obschon der grösste Teil der explodierten Maschine bei Hämikon abstürzte und da ein Trümmerfeld von 200 Meter verursachte, waren weitere Trümmerteile im Umkreis von 2 Kilometer verstreut.
Die Bomberbesatzung hatte weniger Glück. Pilot W/O. Robert Ridley hatte seinen Pilotensitz schon verlassen und wollte den offenen Notausstieg, aus welchem schon F/O Albert Piggott sprang benutzen, als die halbvollen Treibstofftanks expoldierten. Rear Gunner Sgt. Allan Weir's war noch rausgekommen, jedoch öffnete sich sein Fallschirm zu spät. Seine Leiche wurde einen Tag später in einem Baum im nahe gelegenen Dorf Altwis entdeckt. Sgt. John Eaton, Sgt. Leslie Cotton und Sgt. Ross Clark konnten nicht mehr aussteigen und wurden tot aus den Trümmern der abgestürzten Maschine geborgen, resp. neben dem Wrack entdeckt. F / O. Albert Piggott und F / O. Roy Phillips sprangen rechtzeitig ab. F/O Albert Piggott wurde etwa 3 Kilometer vom Absturzort mit Gesichtsverletzt aufgefunden. F/O Roy Phillips hatte sich Tage später im englischen Konsulat in Lausanne gemeldet, wo er vom Ter. Kdo. 1 übernommen und zusammen mit F/O Albert Piggott interniert wurde.
F/O Roy Phillips und F / O. Albert Piggott flohen später mit anderen über Frankreich und Spanien nach England.
In den offizielle Unterlagen der Armee finden sich folgende Einträge zum Absturz:
Die Ortswehren von Hitzkirch und Hämikon hatten kurz nach dem Absturz und Eindämmung der Brände die Absturzstelle abgesperrt. Nachdem um 0215 die Heerespolizei des Her. Kdo. 8 orientiert wurde, begab sich ihr Kommandant Oberstlt. Püntener, zusammen mit dem kantonale Polizeikommandant Oblt. Auchli nach Hämikon, wo diese gegen 0300 eintrafen. Kurz danach trafen zudem die Polizeirekruten der Kantonspolizei Luzern ein, welche den Absperrdienst übernahmen, damit die Ortsweheren mit Aufräum- und Bergungsarbeiten beginnen konnten. Dieses gestalteten sich in der Dunkelheit äusserst schwierig, da anscheinend noch Brandbomben auf dem Gelände rumlagen. Erst gegen Tagesanbruch erschien zusätzlich ein Detachement des Armeefahrzeugparkes, welches die Aufräumt- und Bergungsarbeiten übernahmen. Vor allem die Bergung der Leichen gestaltete sich schwierig.
Gemäss Aussagen mehrerer Augenzeugen jenes Absturzes, wurden die gefallenen Besatzungsmitglieder nach ihrer Bergung in der Turnhalle von Hämikon (heute Gemeindeschrieberei) aufgebahrt, wo sogar eine Schluklasse mit 12-14 jährigen diese am Morgen des 28. April besichtigen konnten. Im Offizielle Bericht von Kpl. Stössel Walter der Herrespolizei Ter. Kdt. 8, waren diese jedoch im Morgengrauen des 28. April 1944 schon nach Hitzkirch ins Totenhaus gebracht woren. Da mir mehrere unabhängige Zeugenaussagen von 4 Personen vorliegen, welche zum zeitpunkt des Absturzes zwischen 12 und 22 Jahre alt waren, muss der transport von Hämikon nach Hitzkirch, wenn dieser überhaupt stattgefnduen hatte, im laufe des tages des 28. April erfolgt sein, denn die Überführung der sterblichen Überreste wurden Tags darauf, am 29. April 1944 durch das her. Kdo. 6 Nach Vevey durchgeführt.
Verluste RAF
Beim Angriff auf Friedrichshafen verlor die RAF 18 schwere Bomber vom Typ Lancaster. Neben jener, welche über Hämikon explodierte, stürzte in der selben Nacht auch die Lancaster Mk.I, LL.750, code SR°P der 101 Squadron (Pathfinder) auf der Gräppelen Alp und die Lancaster Mk.III, ND.759, code TL°R, 35 PPF Squadron (Pathfinder) bei Steckborn in den Bodensee.
Crewfoto mit der Lancaster Mk.I, ME.720, code AS°X, 166 Squadron. Foto © Michael Clark
Beerdigung auf dem englischen Soldatenfriedhof St. Martin in Vevey
Ehrenformation der Schweizer Armee auf dem Friedhof in Vevey
Links am Bildrand zu erkennen Air Commodore FMF West, Air Attache Colonel HA Cartwright
Am 18. Dezember 2004 wird auf Initiative von Michael Clark, einem Cousins des beim Absturz ums Leben gekommenen Mid-upper Gunner Sgt Ross Clark, am Eingang der Kapelle in Hämikon eine Gedenkplatte angebracht (siehe Kapelle Hämikon). Zudem wird ihm neben einer Rescue Axt, ein ein Streifen der .303 MG Munition überreicht, welche in den Jahren zuvor auf einem Dachboden eines Holzschopfes, resp. in der Erde gefunden wurde.
Rescue Axt der Lancaster - Foto © Patrick Amann 2011
MG Gurt der .303 Abwehrgeschütze der Lancaster - Foto © Patrick Amann 2011
Vevey (St. Martins) Cemetery
Pilot: W/O Robert Ridley † - Flight Engineer: Sgt John Eaton † - Wireless Oprtr: Sgt Leslie Cotton †
Mid-upper Gunner: Sgt Ross Clark † - Rear Gunner: Sgt Allan Weir †
↔ - Im Rahmen eines Kriegsgefangenenaustausches zurück nach England
∏ - In der Schweiz interniert