26. Februar 1944 01:07 / Sihlsee
© by Patrick Schlenker
Lancaster Mk.III, ND.595, code HW°V, 100 Squadron
Pilot: P/O George J.A. Smith ↔
Flight Engineer: Sgt George Beevers ↔
Navigator: P/O Basil T. Medcalf ↔
Wireless Oprtr: F/Sgt Eric Hiley ↔
Mid-upper Gunner: Sgt Arthur Truscott ↔
Rear Gunner: F/Sgt Ronald Carr ↔
Bomb
Aimer: F/O Herbert J. Benson †
Eine Stunde nach Mitternacht vom Freitag auf den Samstag flog plötzlich ein einzelnes Flugzeug von Nordosten her in das Tal des Sihlsees ein. Nachdem es Einsiedeln im Tiefflug passiert hatte, brummte es seeaufwärts und kreiste dann zwischen den umliegenden Bergen. Über dem See lag eine dicke Nebelschicht. Das unheimliche, heftige Brummen, das je länger desto näher kam, schreckte die Leute aus dem Schlaf auf. Von einigen erhöhten Positionen aus, die über dem ausgedehnten Nebelmeer lagen, konnten Leute mit blossem Auge beobachten, wie ein Flugzeug, das dreimal nacheinander eine Leuchtrakete in den Himmel schoss, sich mehr und mehr dem Erdboden bedrohlich näherte und schliesslich etwa fünfzig bis hundert Meter über dem vollständig zugefrorenen und schneebedeckten See mit einer ungeheuren Detonation wie eine Riesenrakete explodierte. Wenige Sekundenbruchteile lang war die ganze Gegend taghell beleuchtet, und der Explosionsprozess glich einem einzigartigen Seenachtsfest, bei dem sich ein märchenhafter rötlicher Sprühregen auf die Eisdecke ergoss. Personen, die sich im Freien aufhielten, glaubten im ersten Augenblick, von dem gewaltigen Luftzug hinweggefegt und von der Explosion unmittelbar erfasst zu werden.
Unmittelbar nach dem ohrenbetäubenden Klang leiteten die zuständigen Militärbehörden in Verbindung mit der alarmierten Ortswehr die ersten Suchaktionen ein. Skipatrouillen machten sich unverzüglich in allen Richtungen auf den Weg, kreuz und quer über Land und See, in die weisse, kalte Nacht hinaus. Anfänglich war weit und breit keine Spur zu finden, bis dann einzelne Patrouillenläufer von Zeit zu Zeit auf dem das Eis bedeckenden Schneefeld verdächtige Einschläge bemerkten. Als sich die Nebeldecke allmählich hob, sah man ungefähr in der Mitte des Sees einen grossen dunklen Fleck, der sich bei Tagesanbruch als die eigentliche Absturzstelle erwies.
Im Umkreis von 300 bis 400 Metern lagen zerfetzte und vollständig zertrümmerte Apparateteile umher; nur wenige Teilstücke waren noch ganz. Aus der Ferne betrachtet schien die Absturzstelle am Morgen wie eine einzige grosse Öllache.
Die Darstellung der englischen Flieger: Bei der abgestürzten Maschine handelt es sich um einen viermotorigen „Lancaster“-Typ, der am Freitagabend im geschlossenen Verband bereits im Anflug über Frankreich von Flakgeschossen beschädigt worden war. Das Flugzeug setzte die Fahrt fort, bis sich die Besatzung angesichts der grossen Maschinendefekte über dem Zürcher Oberland entschliessen musste, den Bomber dem Schicksal zu überlassen. In Intervallen von zwei Minuten sprangen sämtliche Flieger nach und nach ab, zwei Mann bereits in der Umgebung von Bäretswil und Hinwil, die am Samstag dort festgenommen wurden. Der Pilot lenkte seine Maschine in westlicher Richtung über den Obersee hinweg, zu den Schwyzerbergen. Bei Altendorf war unterdessen ein weiterer Mann niedergegangen. Einige Minuten nach 1 Uhr brummte die Maschine über dem Sihlsee, wo die drei letzten noch an Bord Verbliebenen sich durch Fallschirmabsprung retteten. Zwei Minuten darauf explodierte das Flugzeug, das übrigens noch die gesamte Bombenlast mit sich führte. Einer der im Sihlseegebiet abgesprungenen Engländer landete bei Wilerzell, andere im Tannenwald unmittelbar oberhalb von Euthal, und der Chefpilot, der das Flugzeug als letzter verliess, kam hart beim südlichen Viadukt auf den Boden.
Der bei Wilerzell niedergegangene Mann stand bei seiner Festnahme in blossen Socken auf seinem seidenen Fallschirm; seine pelzgefütterten Filzstiefel hatte er während des Absprungs verloren. Sämtliche Flieger trugen heizbare Kleidung.
Vevey (St. Martins) Cemetery
Bomb Aimer: F/O Herbert J. Benson †
↔ - Im Rahmen eines Kriegsgefangenenaustausches zurück nach England
∏ - In der Schweiz interniert