Bombenabwürfe über Zürich vom 22. Dezember 1940

© by Patrick Schlenker 2011/2020

Kurz vor Weihnachten, nur 5 Tage nach den Bombenabwürfen in Basel, bombardierte wieder ein britischer Bomber versehentlich Schweizer Gebiet. Diese mal traf es Zürich / Höngg. Und wie die Woche zuvor hatten die Geschwader ursprünglich den Auftrag die Mannheimer Motorenwerke anzugreifen. Wegen schlechtem Wetter über dem Zielgebiet hatten einzelne Bomber ihren Kurs geändert um Ausweichziele anzufliegen.
Ein einzelner Wellington-Bomber war südlich vom Kurs abgekommen und dabei irrtümlich in den Schweizer Luftraum eingedrungen.


Vickers Wellington

Vickers Wellington - Zwischen 1936 und 1945 wurden 11.461 Maschinen verschiedener Versionen produziert. Damit ist die Wellington der meistgebaute Bomber der Royal Air Force.

 

Am Angriff der Royal Air Force in der Nacht vom 22. Dezember 1940 waren 29 Wellington Bomber der folgende Bomber Squadrons im Einsatz:

No 75 Bomber Squdron stationiert in Feltwell - 12 Vickers Wellington Mk.IC - Die von Sgt. geflogene Wellington mit der Kennung DMU 962 ging dabei verloren. Pilot Officer Gilbert's Wellington, Kennung DMU 936 konnte das Ziel nicht finden und brachte seine Bombenlast zurück nach England. Die Wellington DMU 804 unter Pilot Officer Norton wurde von einem ME110 Nachtjäger angegriffen und getroffen, konnte jedoch sicher in Feltwell landen. Die restlichen Bomber  konnten trotz schlechtem Wetter, starkem Flakfeuer und wenig Suchscheinwerfern ihr Ziel bombardieren.

No 115 Bomber Squadron stationiert in Marham - 11 Vickers Wellington Mk.IC. - Aus dem Operations Book ist zu entnehmen, dass 9 Bomber das primäre Ziel angegriffen haben. Die restlichen 2 hatten Ausweichziele oder sogenannte "Last Resort Targets" angegriffen. Dies wegen sehr schlechter Sicht. Alle Bomber sicher auf der Basis gelandet. Dabei wurden 9 Tonnen Bomben abgeworfen. Weitere 5 Vickers Wellington Mk.IC. derselben Staffel (B Flight) mit den erfahrensten Besatzungen  flogen als sogenannte "Bomb Aimer" vorrraus, um das Ziel in Mannheim zu markieren. 

Da die Aufzeichnungen nicht komplett sind, konnten durch die Operation Books bis jetzt 24 Wellington Besatzungen identifiziert werden. 

Um herauszufinden, welcher Bomber die Bomben auf Zürich geworfen hatte, kann man die aus den vorhandenen Operation Books Start und Landezeiten vergleichen. Dabei fällt bei der No. 115 Bomber Squadron die Vickers Wellington Mk.IC mit der Kennung G.L. 7898 unter Pilot Officer Capt. Petley auf, welcher im Gegensatz zu allen anderen anstatt 6-7 Stunden Einsatzzeit fast deren 9 benötigte. Er startete um 17:34 Uhr wie alle andere der Squadron auch von Marham, südöstlich von King's Lynn in der Grafschaft Norfolk und landete mit Abstand als letzter um 02:15. Er dürfte damit jener Bomber gewesen sein, welcher unter "Last Resort Targets" gemeint war und er seine tödliche Last über Zürich abgeworfen hatte.

Zur Besatzung der Vickers Wellington Mk.IC mit der Kennung G.L. 7898 unter Pilot Officer Capt. Petley gehörten weiter Pilot Officer 2nd Pilot Curry, Navigator Sgt. Munby, Wireless Operator Sgt. Webb, Front Gunner Sgt. May und Rear Gunner Minot.


Bomben auf Zürich

Eine erste Sprengbombe warf der Wellington Bomber zuerst auf Höngg ab, welche ein Wohnhaus an der Limmattalstrasse mit einer gewaltigen Explosion zerstörte. Im Wohnhaus Nummer 23, in welche die Bombe einschlug, kam eine Person ums Leben.

Die erste Bombe des Wellington-Bombers schlug in der Limmattalstrasse 23 ein, in welchem eine Person ums Leben kam. Foto © Stadtarchiv Zürich


Die erste Bombe des Wellington-Bombers schlug in der Limmattalstrasse 23 ein, in welchem eine Person ums Leben kam. Foto © Stadtarchiv Zürich


Eine weitere Sprengbombe explodierte um 21:10 im Industriequartier an der Josefstrasse, Ecke Ottostrasse neben dem Bahnviadukt. Die erste von vier Bomben durchschlug das Dach und explodierte in der drunterliegenden Autowerkstatt. Eine weitere Bombe ein paar Meter weiter, paralell zu Viadukt und hinterlies in der Erde einen Krater. Mehrere Fahrzeuge wurde beschädigt und einige wurden sogar weggeschleudert. Auch auf dem Viadukt schlug eine Bombe ein, welche die Oberleitung auf dem Eisenbahnviadukt, sowie das Viadukt selbst beschädigte. Der Zugverkehr musste deshalb unterbrochen werden. Die reparierten Stellen am Viadukt kann man heute noch gut erkennen. Zudem fielen etwa 50 Brandbomben im gleichen Gebiet auf die Zahnradfabrik Maag und auf die Werkzeugfabrik der Daverio & Cie AG, spätere Maschinenfabrik Oerlikon.

Beschädigtes Haus an der JosefstrasseWerkzeugfabrik Daverio & Cie AG

Links - Bombeneinschlag in ein Haus an der Josefstrasse, Ecke Ottostrasse. Rechts - Werkzeugfabrik Daverio & Die AG - Fotos © Stadtarchiv Zürich

Bombentrichter vor dem Haus

Eine weitere Bombe schlug vor den Haus ein. Foto - © Stadtarchiv Zürich

 

BahnviaduktBahnviadukt

Schäden am Bahnviadukt an der Josefstrasse - Fotos © Stadtarchiv Zürich

 

Während der Aufräumarbeiten an der defekten Oberleitung detonierte um 00:30 die vierte Sprengbombe mit Zeitzünder auf der Nordwestseite des Viaduktes und verletzte mehrere Arbeiter schwer. Diese Bombe wog, im Gegensatz zu den anderen an der gleichen Stelle abgeworfenen Bomben nicht 250kg, sonder 500 Kg. Sie hinterließ einen Krater von ca. 12 Meter Durchmesser im tiefgefrorenen Boden. Der Bombe hatte sich gegen 3 Meter in den Boden gebohrt und blieb bis zur Explosion unentdeckt.

Bombentrichter der Bombe mit Zeitzünder

Der Bombentrichter der 500kg schweren Fliegerbombe mit Zeitzünder, welche erst gegen 00:30 explodierte und dabei mehrere Arbeiter verletzte. - Foto © Stadtarchiv Zürich